Eindrücke aus der 2. Kreistagssitzung: „…das ist schonmal die Mehrheit…“

Die erste inhaltliche Zusammenkunft unseres am 26. Mai neu gewählten Kreistagsplenums in Oder-Spree. Die war dominiert von Hannes, einem Jugendlichen, der unter unglücklichen Umständen verstorben ist und dessen Mutter dem Jugendamt Versagen vorwirft. Dieser Fall beschäftigt den Landrat und die Verwaltung nun seit einem halben Jahr mit ca. einem Drittel der gesamten Kapazitäten. Das Etikett „Systemsprenger“ wird einem Menschen nicht gerecht, so Rolf Lindemann in seiner umfassenden Stellungnahme innerhalb des Geschäftsberichts, zugunsten derer er alle anderen Themen unter den Tisch fallen ließ (will heißen, wir bekommen den Bericht dann nur schriftlich als Anlage zum Protokoll). Er wünscht sich eine vertrauensvolle, kooperative Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und Familien. Ich bezweifle, dass er diesem Ziel mit seiner bereits heute im Petitionsausschuss angekündigten Schlussstrichrede nähergekommen ist. Gerade war laut Franz Berger (SPD) ein zartes Pflänzchen des Vertrauens durch vertrauliche Gespräche in verschiedensten Konstellationen gewachsen. Ich hoffe, Herr Lindemann hat es nicht mit seiner geballten Masse an Rechtfertigungen, Presseanschuldigungen und (zugegeben berechtigter) Kritik unseres Gesellschaftssystems wieder zertrampelt. Unser Landrat möchte von heute an nie wieder zu dem Fall Hannes Stellung nehmen. Ob das gelingt? Es ist jedenfalls ein herausfordernd motivierender Einstand für meine neue Rolle als Vorsitzende im Unterausschuss Jugendhilfeplanung. Ich freue mich, dass ich das Kapitel Jugendhilfe im Landkreis in den nächsten fünf Jahren mitschreiben darf und wünsche mir, dass eine positive Wende gelingt – hin zu wachsendem Verständnis aller Beteiligten. Erste vielversprechende Schritte im Jugendhilfeausschuss gab es bereits: in einem Workshop innerhalb einer Klausurtagung hatten wir die Möglichkeit innerhalb des Netzwerkes rund um den Jugendhilfeausschuss über unsere Motivation, Erfahrungen, Interessen, Themen und Aufträge zu sprechen. Als klare Prioritäten der stimmberechtigten Mitglieder stellte sich einerseits die Implementierung des §18a der Kommunalverfassung heraus: Es muss mehr Möglichkeiten der Jugendbeteiligung in den Strukturen der Jugendhilfe geben, weniger „reden über“, mehr „reden mit“! Andererseits pressiert das Thema Fachkräftemangel: Eine große Aufgabe wird es sein, Menschen für die praktische Umsetzung von Jugendhilfemaßnahmen im Landkreis zu gewinnen, darunter zählt auch eine systematische, strukturierte Begleitung von Praktika, um nur ein Beispiel aus der Runde zu nennen.

Doch es gab auch noch andere Themen in Beeskow zu besprechen. Ich begrüße sehr, dass wir mehrheitlich den Antrag der Fraktion DIE LINKE.Piraten zur Umsetzung des papierlosen Kreistags angenommen haben – allein die Ausfertigung des 186 Seiten umfassenden Geschäftsberichts für das Kalenderjahr 2018, die wir 56 Abgeordnete heute alle in Klebebindung auf dem Tisch hatten, lässt die Einsparung der Ressourcen deutlich werden: Die Digitalisierung kommt auch in Oder-Spree – juchu!

Der Beschluss wurde gefasst, dem Schriftsteller Günther de Bruyn das Ehrenbürgerrecht zu verleihen. Mal ein konkreter Anlass, sein neuestes Buch zu lesen: Der neunzigste Geburtstag. Ein ländliches Idyll

Der Jahresabschluss des Eigenbetriebs „Kommunales Wirtschaftsunternehmen Entsorgung“ (KWU) wurde festgestellt und die Werkleitung entlastet sowie (v.a. formale) Änderungen zur Betriebssatzung und Abfallentsorgungssatzung. In der nächsten Sitzung steht die Änderung der Abfallgebührensatzung an. Wer da noch Änderungsvorschläge hat: Immer her damit! Die kann ich in der nächsten Ausschuss-Sitzung am 22. Oktober einbringen. Spannend wird dann auch die Beratung der Prioritätenliste für den Investitionsbedarf des Landkreises für die kommenden drei Jahre, die zur nächsten Kreistagssitzung am 4. Dezember beschlossen werden soll. Dazu soll es auch noch Beteiligungsverfahren geben, um Schulen, Turnhallen und Straßenbau von allen Seiten zu beleuchten. 

Ich bin gespannt, wie es weitergeht und halte Euch auf dem Laufenden!

Herzlich,

Erdmute