Eindrücke von der 44. BDK in Bielefeld: „Fast da, aber noch lange nicht am Ziel“

Meine zweite BDK liegt hinter mir, es war die 44. dieser Art. In Bielefeld hat sie nicht mehr stattgefunden, seitdem Joschka Fischer einen Farbbeutel abbekommen hat, als es um den Kosovo-Einsatz ging. Zwanzig Jahre ist das nun her. Seitdem hat sich einiges am Klima innerhalb der Partei verändert. Für mich ist es wieder ein echtes Geschenk gewesen, dabei zu sein. Auftanken für die Mühsal der Ebene vom 15.-17. November 2019. Ganz viel Austausch ist möglich und ich hatte auch diesmal wieder den Eindruck, erheblich parteiprogrammatisch zu wachsen. Im letzten Jahr ging es um das Europawahl-Programm und die Listenaufstellung. Diesmal konnten wir das unglaublich tolle Ergebnis feiern und uns über viele weitere Erfolge freuen. Inhaltlich ging es um unsere Position in der Wohnungspolitik (Recht auf Wohnen in der Verfassung verankern) und um Anträge zur sozialökologischen Transformation (Wirtschaft, Klima & Finanzen). Annalena in ihrer Rede am Sonntag, nachdem sie mit unglaublicher Mehrheit von 97% als Parteivorsitzende bestätigt worden war: Wir haben keine Zeit zu verlieren, wir müssen aus der Opposition heraus aktiv werden! Ich bin mir sicher, dass das gelingt. Roberts Diffusions-Metapher aus seiner Auftaktsrede am Freitag hat das in meinen Augen schön veranschaulicht: Unsere Partei hat eine Membran, durch die die progressiven Kräfte unserer Gesellschaft hinein diffundieren. Auch er hat ein Wahnsinnsergebnis als Bundesvorsitzender erhalten! Und wie haben wir die Gestaltungskraft in der Praxis? Die größte Auseinandersetzung gab es dazu, ob die Schuldenbremse festgeschrieben werden sollte oder nicht. Werner Graf (KV Friedrichshain-Kreuzberg) dazu: Was haben unsere Kinder davon, wenn unser Planet schuldenfrei untergeht? Endlich einmal konnten wir unseren Stimmblock benutzen! Es war wirklich knapp: Nicht mal 52% der Delegierten sprachen sich dafür aus, die Festschreibung der Schuldenbremse im Beschluss zu streichen. Abgeschafft ist noch nichts. Trotzdem war es heiß umstritten. Die wirklich umstrittene Debatte zum Thema Homöopathie wurde vertagt. Erstmal gibt es eine Fachkommission, die sich dem Thema annimmt. Mal schauen, wie es damit weitergeht… 

Persönlich hat mich die Entscheidung von Gesine Agena aus dem Bundesvorstand bewegt, aus familiären Gründen nicht noch einmal für den Posten der frauenpolitischen Sprecherin anzutreten. Ich selbst befinde mich täglich in diesem Zwiespalt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Ehrenamt. Daher habe ich großen Respekt, vor ihrer Arbeit der letzten Jahre (Frauenstatut und mehr Gleichberechtigung für LGBTI spielten auch eine Rolle am Wochenende!) genau wie vor ihrer Entscheidung, jetzt mal einen Schritt zurück zu treten. 

Gefreut habe ich mich, dass ich mit Eva Mohn aus Grünheide in Bielefeld war. Es passte perfekt, dass genau die Frauen aus den beiden Orten das Delegierten-Team bildeten, die am meisten die Veränderung durch die Ansiedlung von Tesla zu spüren bekommen werden! Networking war also schon deshalb am Wochenende groß geschrieben – wir sind gespannt auf die weiteren Entwicklungen! 

Und was wünsche ich mir für die nächste BDK? Noch ein besseres Zusammenwachsen von Ost und West. Das wird nächstes Jahr zum 30-jährigen Jubiläum der deutschen Einheit auch höchste Zeit! Auch wenn das Thema eine Rolle spielte, wirkte es auf mich wie eine Bühnenshow, die noch nicht authentisch mit Leben gefüllt wurde. Gott sei Dank gibt es Wahlkampf-Urlaub und weitere Soli-Aktionen. Aber wir haben an der Basis noch ein Stück Arbeit vor uns, um einander wirklich wahrzunehmen. Soweit ein kurzer Abriss aus meiner Sicht. Wer es ganz genau wissen will, findet unter https://www.gruene.de/artikel/bundesdelegiertenkonferenz-im-november-2019-in-bielefeld die Beschlüsse, Reden und mehr – viel Spaß beim Stöbern!